Diese Frau pusht die Skateboardszene in Tokio

Athletinnen* und Athleten*

Azusa Adachi war 29, als sie das Skateboarden für sich entdeckte. Jetzt inspiriert sie mit ihrem Projekt "Skate Girls Snap" die nächste Generation von Skaterinnen.

Letzte Aktualisierung: 6. Oktober 2021
7 Min. Lesezeit
Diese Frau pusht die Skateboardszene in Tokio

"Snapshots" ist eine Serie über die tiefe emotionale Verbindung zum Sport, dokumentiert in inspirierenden Momentaufnahmen.

Beim Skateboarden geht es darum, Hindernisse zu überwinden. Und für Skaterinnen in Japan, einem Land mit starren Geschlechternormen und einer boomenden Skateboardszene, gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden. Obwohl Japans Skaterinnen bei ihrem ersten Auftritt auf der internationalen Sportbühne mehrere Medaillen gewannen, waren japanische Frauen in der Szene bisher kaum vertreten. Dennoch beweisen ihre Erfolge, dass die Skaterinnen trotz geringer Präsenz und Wahrnehmung in Japan auf dem Vormarsch sind.

Azusa Adachi ist eine der Frauen, die Tokios Skateboardszene verändern – und sie liebt es. Für Azusa gibt es nichts Wichtigeres, als das zu tun, was man liebt. In ihrem Fall sind das Skateboarden, Fotografieren und neue Leute kennenlernen. Ihr Projekt "Skate Girls Snap" vereint all diese Leidenschaften. Eine Website mit Schnappschüssen von Skaterinnen, die sie in Tokio trifft, bietet einen tieferen Einblick in die Community der japanischen Skaterinnen. Mit ihrem Projekt sendet Azusa eine wichtige Message: Die Skateboard-Community in Tokio setzt sich aus allen möglichen Menschen und Stilen zusammen und wächst immer weiter. Alle sind hier willkommen. Wir haben mit Azusa darüber gesprochen, was uns "Skate Girls Snap" über Japans Skateboardszene zeigen kann und wie sie kurz vor ihrem 30. Geburtstag ihr Herz an das Skateboarden verlor.

Diese Frau pusht die Skateboardszene in Tokio
Diese Frau pusht die Skateboardszene in Tokio

Wie bist du zum Skateboarden gekommen?

Ich bin früher im Olympiapark Komazawa mit dem BMX-Rad gefahren. Eines Tages gab mir ein Mädchen, mit dem ich mich angefreundet hatte, ein altes Skateboard. Die BMX-Szene wird von Männern dominiert, und bei den Tricks hatte ich oft das Gefühl, dass Jungs sie wahrscheinlich eher hinkriegen als ich. In der Skateboardszene hingegen gab es viel mehr Mädchen, und das gemeinsame Üben machte wirklich Spaß. Alle fangen als Teenager oder Anfang 20 mit dem Skaten an, aber ich war damals schon 29. In meinem Umfeld gibt es Mädchen, die mit ihren Eltern schon von klein auf versuchen, Profi zu werden, und Mädchen, die hart für Wettbewerbe trainieren. Es gibt aber auch Leute wie mich, die nur zum Spaß skaten.

Alle geben ihr Bestes, unabhängig von Können, Alter, Nationalität oder Geschlecht. Und wenn wir endlich einen neuen Trick stehen, freuen wir uns alle füreinander. Das macht einfach Spaß und hat mich fürs Skaten begeistert. Irgendwann kam mir ein typischer Bürojob sinnlos vor. Ich erkannte, dass es besser ist, in seinem Leben das zu machen, was man wirklich liebt. Deshalb wollte ich so viel Zeit wie möglich Spaß in meinem Leben haben und habe spontan meinen Job gekündigt. Jetzt arbeite ich freiberuflich, skate, wann immer ich will, und arbeite in meiner Freizeit an meinem Projekt "Skate Girls Snap".

Skateboarding hat dich also so sehr fasziniert, dass du deinen Job gekündigt hast. Was reizt dich an diesem Sport so sehr?

Es ist dieses Gefühl, gemeinsam etwas zu erreichen. Skaten ist kein Mannschaftssport, aber es macht Spaß, zusammen mit Freundinnen und Freunden zu skaten. Wenn man erst einmal damit angefangen hat, spielen mentale Hindernisse wie 'Stürze tun weh' oder 'Ich finde bestimmt keinen Anschluss' eine geringere Rolle, als man denken würde. Wenn jemand in einem typischen Skatepark Probleme hat, spreche ich mit der Person, auch wenn ich sie nicht kenne. Und obwohl wir alle auf verschiedenen Levels skaten, bringen wir uns gegenseitig Tricks bei. Alle gehen in den Skatepark, um Spaß zu haben. Das vereint uns und macht die Sache noch schöner.

Ursprünglich ging es beim Skateboarden darum, die Stadt – z. B. Orte mit Treppen und Rails – auf eine coole, spielerische Art zu nutzen und Spaß zu haben. Deshalb glauben manche in der Szene auch, dass Skaten keine ernstzunehmende Sportart oder gar wettbewerbsfähig sei. Es ist eine ganz natürliche Form des Spielens, die die Stadt und die Menschen, die in ihr leben, zusammenbringt.

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Azusas Fotos vom "Skate Girls Snap"-Projekt

Dein Projekt "Skate Girls Snap" zeichnet sich durch die Diversität der Skaterinnen aus. Wie ist dieses Projekt entstanden?

Überall auf der Welt schaffen Frauen durch das Skaten eine Kultur, sei es mittels Musik oder mit der Fotografie. In Japan habe ich so etwas nicht gesehen, was ich sehr schade fand. Ich hatte bereits mit Fotografie und Film zu tun, also dachte ich mir: 'Wenn es sonst niemand macht, warum nicht ich?'. Also fing ich an, die Mädchen um mich herum beim Skaten zu fotografieren, und ich bekam von allen eine sehr positive Resonanz. Daraufhin erstellte ich eine Website mit einer Sammlung von Schnappschüssen der Skaterinnen, die ich getroffen hatte.

Beim Skateboarden kommt die jeweilige Individualität zum Vorschein. Die Art zu skaten. Die Kleidung. Die Schuhe. Sogar die Frisur. Das ist von Person zu Person unterschiedlich. Ich mag Mädchen, die sagen: 'So bin ich, und so skate ich'. Daher wollte ich einen Raum schaffen, in dem man mehr als nur die Schnappschüsse sehen kann – was die Mädchen anhaben, was sie mögen, welche Skateboards sie fahren und wie sie skaten. Ich wollte den Mädchen vermitteln, dass sie sich nicht an das Klischee eines Skater-Girls halten müssen, das ihnen von anderen Leuten auferlegt wird (z. B., dass sich alle Skaterinnen auf eine bestimmte Art und Weise kleiden). Sie können anziehen, was sie wollen, die Skateboards fahren, die sie wollen, und skaten, wie sie wollen.

Die Skateboardszene ist weiterhin männerdominiert, aber japanische Skaterinnen haben die Möglichkeit, auf die verschiedensten Arten kreativ zu sein und sich zu entwickeln. Ich hoffe, dass "Skate Girls Snap" sie dazu inspiriert.

Kannst du uns etwas über deinen Lieblingsort in der Skateszene von Tokio und jemanden, den du dort getroffen hast, erzählen?

Ich mag den Olympiapark Komazawa. Obwohl er in der Nähe von Shibuya liegt und tolle Einrichtungen hat, muss man keinen Eintritt bezahlen. Man kann dort mit allen möglichen Leuten in Kontakt kommen, von Kindern bis hin zu Erwachsenen, Celebrities und Menschen mit den verschiedensten Nationalitäten und Berufen. Tokio ist eine Stadt, in der man Menschen trifft, die kreativ sind und voller Energie stecken – fantastische Skaterinnen und Skater aus aller Welt oder Menschen, die vom Land hierher gezogen sind und ihre eigene Kultur schaffen.

Ich glaube, dass in Zukunft vor allem junge Leute alle möglichen interessanten Projekte starten werden. Meine 20-jährige Skate-Freundin Sara hat zum Beispiel das Online-Magazin SP8CE Magazine gegründet. Sie interviewt Menschen, die sie beim Skaten kennengelernt hat, und erzählt ihre Storys. Skaterinnen in Japan machen so etwas eher selten, deshalb halte ich das für sehr wichtig.

Diese Frau pusht die Skateboardszene in Tokio

Letzte Frage: Was sind deine Ziele für die Zukunft, was das Skaten angeht?

Das Leben ist kurz, also möchte ich einfach so lange wie möglich eine gute Zeit haben. "Skate Girls Snap" und Skateboarding sind Dinge, die ich aus Liebe und aus freien Stücken mache – und nicht, weil es mir jemand aufgetragen hat. Ich muss keine bestimmte Botschaft vermitteln. Ich liebe es einfach von ganzem Herzen. Ich kann das machen, was ich mache, weil ich ich selbst bin, und die Tatsache, dass es anderen Menschen hilft, macht mich wirklich glücklich.

Deshalb ist mein Ziel für die Zukunft ganz einfach: Ich will Spaß am Skaten haben. Ich will nicht aus irgendeiner Verpflichtung heraus für Geld oder als Profi skaten. Wenn ich mir selbst treu bleiben und weiterhin mit allen skaten kann, reicht mir das völlig.

Fotos: 217…NINA
Text: Aya Apton
Video: Karen Masumoto

Ursprünglich erschienen: 28. September 2021

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